Die Cosmic-Centric-Performance
Ich bin etwas ratlos, denn es geht um die Berufswahl meiner Kinder. Am letzten Sonntag wollte der ältere der beiden Buben von mir wissen, ob ein monatliches Einkommen von 30’000 Franken viel oder wenig sei.
Ich sagte ihm, dass ein Maurer nach der Lehre so gegen 5000 Stutz im Monat heimbringe.
Das bei durchschnittlich 8.5 Stunden Maloche unter freiem Himmel.
Dann zeigte mir Moritz zwei Videos. Im einen Film ging es darum, dass ein junger hübscher Mann eine sehr grosse Sushirolle machte und diese mit seinen Freunden ass. Der Plot im zweiten Video bestand darin, dass junge Männer in einem Plastik-Sumoanzug in einem überdimensionierten Blasio-Rührwerk gequirlt werden.
Der Sushiroller wurde bis dato 850’000 mal geklickt. Das Sumo-Blasio-Rührwerk wurde 14 Millionen mal angeschaut. Die Herrschaften im Mixer verdienen ca 30`000 Franken mit einem Video, wurde ich ich von meinem Filius belehrt.
Meine jüngere Tochter ist eine grosse Verehrerin von Bibis Beauty Palace. Sie verwendet die Note “glücklicher Frühling” und andere Duschträume. Ein solider Teil ihres Sackgeldes geht für die Produkte in den weissen Dosen mit dem Vermerk “Bibi loves you” drauf. Bibi ist mit ihrem Quietschen innert kürzester Zeit Millionärin geworden. Sie ist der Star unter den deutschen Youtuberinnen.
Es war in den Schulferien so, dass wir in Lenzburg in einer Ausstellung über die Heimat waren. Dort habe ich zum ersten mal die Worte “Cosmic Centric” und digitaler Nomade gehört. Cosmic Centric bedeutet, dass man versucht die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Heute nun habe ich nach einem längeren Telefongespräch mit einer meiner Schwestern herausgefunden, dass wir digitale Nomaden sind. Schon lange: Nur wussten wir das nicht.
Es war zu Beginn der neunziger Jahre als ich zum ersten mal Fotos in einem Hotelzimmer entwickelte und diese mit zentnerschwerem Equipment auf eine Redaktion übermittelte. Ich kann also schon lange meinen Arbeitsplatz mitnehmen. Meine Schwester erklärte mir, dass sie letzthin eine Frau in ihrem Yoga Kurs hatte, die professionelle “Influencerin” ist. Im konkreten Fall liess sich die Frau von einem sehr teuren Hotel in den Bergen einladen und filmte sich dafür beim Yoga und anderswo im Hotel mit ihrer Kamera. Die Frau mit dem Künstlernamen Sylwina lässt sich weltweit einladen und kann auf diese Weise natürlich ihre Lebenshaltungskosten massiv senken.
So kam ich heute zur Erkenntnis, dass ich meinen Kindern einen Selfie-Stick schenken werde, der von hier bis zum Mond reicht, um ihre Cosmic-Centric-Performance zu verbessern.