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Sehr geehrte Frau Rytz

Dem Zentralorgan des Wohlfühljournalismus’ konnte ich am 10. November 2017 entnehmen, dass Sie Wasserbüffel mögen. In der Legende unter dem “Jöbild” aus Nepal stand “Liebe auf den ersten Blick: Wenn sie könnte, würde Regula Rytz den kleinen Wasserbüffel gleich mit nach Hause nehmen”. Ihr Mann Michael liess in der Schweizer Illustrierten verlauten, dass das herzige Kälblein jedoch in Ihrem Zimmer schlafen müsse. Im gleichen Lesestück durften wir erfahren, dass Sie es als Vegetarierin nicht immer so genau nehmen: «Wenn Michael beim Wandern einen Salami mitnimmt, kann ich nicht widerstehen.»

Das alles ist informativ und wichtig. Aber da am Sonntag Wahlen sind und anzunehmen ist, dass Sie und Ihre Truppe gewählt werden, bleiben Fragen.

Ihre Partei ist schrill und laut, wenn es darum geht, die Dekarbonisierung der Schweiz zu fordern und zwar sofort, subito, jetzt.

Dem gleichen Artikel aus Nepal konnte ich entnehmen, dass sie nicht Auto fahren können. Als ehemalige Volksschullehrerin und spätere Berufspolitikerin war es für Sie vermutlich nie nötig, Auto fahren zu können. Deshalb wissen Sie auch nicht, wie es sich anfühlt, in einem voll bepackten VW-Bus ohne Klimaanlage zusammen mit fünf stinkenden Handwerker-Kollegen zwei Stunden im Stau auf der A1 bei Effretikon zu stehen. Das, nachdem die Männer zehn Stunden in praller Sonne für 5500.- brutto im Monat auf dem Bau geschuftet haben und einfach nach Hause möchten.

Schön wäre doch, wenn Sie in der kommenden Legislatur aus ihrem ökologischen, vegetarischen Elfenbeinturm steigen und sich bei den Menschen in diesem Land umsehen würden. Es gibt in unserem Land alleinerziehende Mütter, die zur Miete wohnen. Ihre Mieten werden steigen, weil Sie und Ihre Partei das ultimative Verbot des Ölbrenners im Keller fordern, der seit 25 Jahren wärmt.

Sie und Ihre Partei fordern das Verbot von Dieselautos. Was Sie allerdings vergessen: Es waren deutsche Ingenieure, die auf Geheiss von Martin Winterkorn, dem CEO von Volkswagen, Millionen von Konsumenten und Konsumentinnen betrogen und die Gesundheit von Menschen geschädigt haben - aus Profitgier. In der Schweiz blieb dies bis heute ohne juristische Konsequenzen.

Doch kümmert Sie das? Der Generalimporteur AMAG darf ungestraft Worte wie “Dieselproblematik” brauchen und betrogene Kunden und Kundinnen mit einen Taschenmesser als Wiedergutmachung abspeisen. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass Sie, Frau Rytz (oder jemand anderes in der Grossen Kammer) sich die Halunken von VW je zur Brust genommen hätte. Die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz sind Ihnen in diesem Fall wohl schlicht egal.

Ich finde, wir sollten in diesem Land grundsätzlich darüber reden und streiten, welche Art von Mobilität wir in Zukunft möchten und was die Benutzung der gesamten Infrastruktur, wie Strassen Bahn und Luftraum, kosten soll. Nur weil Sie noch nie ein Auto oder ein Flugzeug betankt haben und ein SBB-Generalabonnement der 1. Klasse auf Kosten der Steuerzahler zur Verfügung haben, sind Sie kein besser Mensch.

Ich unterstelle Ihnen: Es interessiert Sie einen Dreck, ob die erwähnte alleinerziehende Mutter ihre Rechnungen bezahlen kann. Es interessiert sie auch nicht, auf wessen Kosten und unter welchen Bedingungen die Rohstoffe für die von Ihrer Partei gepriesenen Elektromobilität gefördert und geschürft werden.

Zu befürchten ist allerdings, dass wir in den nächsten vier Jahren vermehrt Sätze wie diesen aus der Schweizer Illustrierte lesen dürfen: “Ich spüre, dass wir nur Gast sind auf dieser Erde, Teil eines übergeordneten, atmenden Ganzen, das viel grösser ist als die Menschen und zu dem wir Sorge tragen müssen.”

Viele Grüsse

Michael Würtenberg

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